Über die Arbeit am Tonfeld®

Arbeit am Tonfeld® ist eine ganzheitliche Methode der Entwicklungsbegleitung und Förderung für Kinder und Jugendliche.

Die Kinder leben heute in einer sehr schnelllebigen, reizstarken Welt. Ihre Sinne, ihre Wahrnehmungsfähigkeit und ihre Neugier werden in einer so sehr beschleunigten und vorwiegend auf optische Reize fokussierten Umwelt eingeschränkt, überreizt und so in ihrer Entfaltung behindert. Viele Kinder reagieren auf diese Bedingungen mit Auffälligkeiten in ihrer Entwicklung. Häufig spiegelt sich die Beeinträchtigung auf der körperlichen Ebene wider. Sie werden als unruhig, unangepasst in ihren Bewegungen oder überwiegend impulsgesteuert erlebt. In ihrem sozial-emotionalen Verhalten erscheinen sie oft aggressiv und grenzenlos. Andere Kinder zeigen ein „Zuwenig“: Sie wirken gehemmt, zurückhaltend oder ängstlich abwartend in ihrem körperlichen oder sozial-emotionalen Verhalten.

 

Im Grunde genommen tragen Kinder in sich einen Entwicklungswunsch nach Entfaltung, Beziehung und Gestaltung, einen vitalen Drang, das Leben zu erforschen und sich an diesem Leben zu beteiligen. Dazu brauchen sie ausgewogene Entwicklungsimpulse in Bezug auf Stabilität in Beziehungen, ein haltgebendes Gegenüber, das aber auch Auseinandersetzungen aushält und diesem Entwicklungswunsch in all seinen Facetten begegnet und standhält. Diesem Grundbedürfnis nach Bindung und Entbindung, Auseinandersetzung und Gemeinsamkeit kommt diese Arbeit am Tonfeld® entgegen.

 

Entwickelt wurde diese „schöpferische Beziehungsarbeit“ von Professor Heinz Deuser ab den 1970er Jahren. Kinder und Jugendliche arbeiten an einer mit weicher Keramikerde ausgestrichenen Holzkiste, deren Größe gerade dem Maß entsprechen, das von einem „Selbst“ umfasst, durchdrungen, gehoben, gehalten und gestaltet werden kann. Eine Schale mit Wasser ergänzt dieses scheinbar einfache Setting.

Als drittes Element kommt ein ausgebildeter Begleiter hinzu. Er unterstützt und begleitet den anderen in diesem schöpferisch gestaltenden Umgang mit dem Material.

 

Bei der Arbeit am Tonfeld® liegt der Schwerpunkt nicht darauf, was entsteht, sondern darauf, wie es entsteht. Es ist die Sprache der Hände, die uns hier beschäftigt. Heinz Deuser benennt es als unseren „haptischen Sinn“. Die Erfahrungen, die ein Kind im Laufe seiner Entwicklung macht, scheinen wie in einem Leibgedächtnis gespeichert zu sein und über die Tätigkeit der Hände wieder an die Oberfläche zu kommen. Hier, in der Begegnung der Hände mit dem formbaren, flexiblen Material Tonerde kann das Kind die grundlegenden Entwicklungsbedingungen nach Halt in Beziehungen, Verlässlichkeit der Bindung und die Erfahrung von Beständigkeit und Selbstwirksamkeit spüren.

 

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Es kann hier darum gehen, sich mit ganz frühen Entwicklungsabschnitten, z.B. dem Umhülltsein, Geborgensein, wieder zu verbinden. Wir sehen Kinder, die den Ton verflüssigen, wie zu einem Brei werden lassen, oder sich wie mit einer zweiten Haut belegen. Die Handlungen aus zurückliegenden Entwicklungsphasen geben dem Begleiter Hinweise auf soziale und emotionale Erfahrungen des Kindes, auf fehlende oder nicht erfüllte Entwicklungsschritte und die dahinter stehenden Bedürfnisse. Im Berühren, Greifen und Gestalten der Tonerde kann das Kind mit Hilfe unterstützender Begleitung zu neuen Möglichkeiten seines Wahrnehmens und Handelns finden und insgesamt in diesem Reifungsvorgang unterstützt werden.

 

Die Arbeit ist nicht symptombezogen, sondern entwicklungs- bzw. prozessbezogen. Das bedeutet, dass es sehr unterschiedliche Verläufe innerhalb der Begleitung geben kann. Es kann ganz Unterschiedliches passieren.

 

Die jüngeren Kinder (begonnen wird meist mit 4- bis 5-Jährigen) möchten sich rückversichern, zeigen überwiegend Bedürfnisse in den Basis-Sinnen nach Kontakt, Ausgleich und Tiefensensibilität (Druck und Aufrichtung). Das ältere Kind will experimentieren, sich Wissen aneignen und seine eigenen Möglichkeiten und Kompetenzen spüren, häufig im Gegensatz zu seinen sonstigen Erfahrungen des Nicht-gut-genug-Seins in anderen Zusammenhängen. Das Tonfeld® wird gleichsam zum Experimentierfeld für die dingliche, aber auch für die soziale Welt.

 

Lesen Sie hier, wie und warum die Arbeit am Tonfeld® Ihrem Kind helfen kann: Warum Arbeit am Tonfeld®?